Fahreignung bei Herz-Kreislauferkrankungen
Hermann H. Klein, Idar-Oberstein
Fahrer mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen können aufgrund ihrer Krankheit ein erhöhtes Unfallrisiko aufweisen. Zum einen kann die Krankheit (Herzinsuffizienz, große Operation) die Fahrer so schwächen, dass ein sicheres Fahren nicht mehr gegeben ist. Zum anderen kann die Krankheit durch eine zerebrale Minderperfusion bei Synkope oder plötzlichem Herztod zum Kontrollverlust am Steuer führen.
Um dieses krankheitsbedingte Risiko für Unfälle zu vermindern, bestehen gesetzliche Vorgaben (Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung, FeV) und Empfehlungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), die die Fahreignung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen für Fahrer der Gruppe 1 (Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht ) und Gruppe 2 (Fahrzeuge über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, gewerblicher Personentransport) regeln. Die Anlage 4 der FeV hat Gesetzescharakter und muss deshalb eingehalten werden. Die Leitlinien der BASt zur Beurteilung der Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen wurden im Mai 2018 aktualisiert. Sie sind viel konkreter als die Anlage 4 der FeV und sind bei der Beurteilung des Einzelfalles zu berücksichtigen. Die BASt Leitlinien geben für Deutschland die Empfehlungen wider, die eine ärztliche Kommission in Brüssel für die Europäische Union erarbeitet hat. Angestoßen wurde diese Entwicklung durch ein Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zur Fahreignung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das 2010 veröffentlicht wurde. Zur Einschätzung der Fahreignung bei kardialen Erkrankungen wurden sowohl im Positionspapier der deutschen Gesellschaft für Kardiologie als auch in den Vorgaben der Europäischen Union die „risk of harm formula“ der Kanadischen Gesellschaft für Kardiologie herangezogen. Diese Formel besagt, dass das Risiko eines Fahrers mit Herz-Kreislauf-Erkrankung einen anderen Verkehrsteilnehmer schwer zu schädigen, von vier Faktoren abhängig ist: Zeit am Steuer, der Art des gefahren Fahrzeuges (Pkw oder Lkw), Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines plötzlichen Kontrollverlustes und Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Unfall zu schwerem Schaden führt. Unter der Voraussetzung einer üblichen Zeit am Steuer (25% für Berufsfahrer, 4% für Privatfahrer) ist zur Beurteilung der Fahreignung eines Fahrers mit Herz-Kreislauf-Erkrankung die Wahrscheinlichkeit für einen plötzlichen Kontrollverlust am wichtigsten. Gegen eine Fahreignung spricht bei Berufsfahrern ein plötzlicher Kontrollverlust von 1-2% pro Jahr, bei Privatfahrern fehlt die Fahreignung, wenn ein plötzlicher Kontrollverlust von 20-40% pro Jahr anzunehmen ist.
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