DGVM Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin – Fragestellungen aus der Praxis

 

Herz-Kreislauferkrankungen – Synkopen (plötzliche Bewusstlosigkeit)

Bei der Beurteilung der Fahreignung von Fahrern mit Herz-Kreislauferkrankungen sind Synkopen (plötzliche Bewusstlosigkeit) ein sehr zentrales und wichtiges Thema. Zur Klärung der Problematik sind auf der einen Seite die aktuellen behördlichen Vorgaben (Fahrerlaubnisverordnung, Begutachtungsleitlinien der Bundesanstalt für Straßenwesen) einzuhalten, auf der anderen Seite steht die ärztliche Klärung der Ursache der Synkopen. Hier ist natürlich die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Synkope am Steuer essentiell.

Fallbeispiel

Ein Patient, 63jähriger Busfahrer, hatte in den letzten Jahren mehrere Synkopen (anamnestisch 5 in 10 Jahren), die zur Negierung der Fahreignung führten. Vor 2 Jahren erhielt er nach einer erneuten Synkope einen Event-Recorder implantiert, hatte danach nochmals eine Synkope. Von den behandelnden Klinikärzten wurde vermutet, dass es jeweils situativ entstandene Synkopen wegen zu niedrigem Blutdruck, Stress oder Schmerzen nach Operation gewesen seien. Alle Synkopen seien zu Hause aufgetreten, ohne Prodromi, in der Nacht, wenn der Patient auf der Toilette war. Von einer Tätigkeit als Busfahrer raten die Kollegen weiterhin ab. Nun möchte der Patient gerne eine Zweitmeinung einholen.

Einschätzung

Die zurzeit vorliegenden Bestimmungen für das Busfahren nach Auftreten von Synkopen erlauben kein Busfahren, wenn mindestens zwei unklare Synkopen aufgetreten sind und eine mögliche Ursache nicht abgestellt werden kann. Diese prinzipiellen Vorschriften können aber auf den Einzelfall betrachtet auch modifiziert werden. Wenn es zum Beispiel für alle Synkopen medizinische Dokumente gibt, die glaubhaft darlegen, dass die Synkopen nachts beim Wasserlassen aufgetreten sind und die letzte Synkope nicht mit einer Herzrhythmusstörung beim Auslesen des Event Recorders vergesellschaftet ist, könnte auch bei rezidivierenden Synkopen Fahreignung bestehen. Letztendlich entscheidet darüber die Fahrerlaubnisbehörde (Führerscheinstelle) auf Basis eines Gutachtens. Zuständig hierfür wäre bspw. ein Facharzt für Kardiologie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation.

Prof. Dr. Hermann Klein, DGVM